Wenn man mit dem Malen anfängt, dann ja meistens auf der weißen Leinwand, Farben auf die Palette – los geht’s! Das war bei mir auch so. Irgendwann stellte ich dann fest, dass andere Leute gar nicht auf einer weißen Leinwand anfangen, sondern vielleicht auf einer schwarzen oder einer aus Naturleinen. „Na gut, dann ist der Hintergrund eben nicht weiß“, habe ich mir da immer gedacht. „Aber dann leuchten die Farben ja nicht so“, war dann mein nächster Gedanke. Ist das der Sinn der abgetönten Leinwände?

Vor einigen Jahren habe ich dann beim Aktzeichnen verstanden, warum es Sinn macht, auf einem irgendwie getönten Grund zu malen. Schwarze Grundierung schließe ich jetzt hier mal aus, das ist ein Sonderfall. Ich denke da eher so an eine aprikotfarbene oder beige Grundierung wie bei Naturleinen. Wenn man nämlich eine Figur realistisch darstellen möchte, was beim Aktzeichnen ja der Fall ist, dann braucht man unbedingt Licht und Schatten. Weißes Papier ist da ungünstig – das gesamte Blatt ist quasi ein einziger Lichtfleck, den man nach und nach abtönen muss, bis nur noch die hellsten Lichte übrigbleiben. Die Schatten wiederum müssen mit Intesität herausgearbeitet werden. Beigefarbenes Papier im Gegensatz dazu braucht eigentlich nur noch die Lichter und die Schatten. Die Farbe des Papiers macht nämlich den Mittelton aus.

So. Fortan tünchte ich meine Leinwände mit einer Mischung aus weißem Gesso und einem Rehbraun ein. Zusammen ergibt das ein helles Zimtbraun. Dies Zimtbraun kann sogar manchmal durch die darüberliegenden Schichten durchluschern, wenn es vom Farbton passt. Fällt nicht so doll auf, weil es ja nicht so hell ist. Wohingegen ein weißer Fleck sehr schnell auffällt und man als Betrachter unweigerlich denkt „da hat sie aber die Leinwand nicht ordentlich bemalt“. Seit kurzem habe ich meine Palette ausgeweitet; jetzt grundiere ich auch schon mal in Grau oder Türkis.

The Argonath

Bei diesem Bild hier habe ich eine türkisgraue Grundierung gewählt, weil ich das für passend hielt für die insgesamte Stimmung des Bildes. Die soll nämlich eher kühl und beherrscht sein, weshalb Türkis gut passt. Das heißt, wenn die Grundierung dann irgendwo durchluschert oder ich nur dünn rübergehe und sie dann durchscheint, umso besser. Dann kam ich allerdings auf die zusätzliche Idee, auch noch eine Untermalung anzulegen. Die klassischen niederländischen Maler haben das gerne gemacht, zumeist in Umbra-, Sienna- oder in Grautönen. Das ist wie eine ausgefeilte Bleistiftskizze des Bildes, nur eben mit Farbe und auf der Leinwand. Der Sinn der Untermalung ist es, mit ihr die Bildkomposition festzulegen, also alle wichtigen Entscheidungen schon in dieser Vorstudie zu treffen. Bei Öl ist das ja kein Problem, bei Acryl auch nicht, denn die Farben decken und man kann mehrere Schichten übereinander legen. Von der Untermalung sieht man später dann nichts mehr. Ich probiere mich schon seit einiger Zeit darin aus. Aber bringt eine farbige Grundierung etwas, wenn man gleichzeitig eine Untermalung anlegt? In der Rückschau muss ich ganz klar sagen: Nein, sie bringt nichts. Sie wird ja schon im ersten Schritt übermalt. (Vielleicht ist das etwas anderes, wenn man lasierend malt, aber ich glaub’s fast nicht.)

Eigentlich soll die Untermalung ein wirklich ausgetüftelt’s Ding sein, so dass man in späteren Schichten nicht mehr so viel nachdenken muss beim Malen. Eine derartige Untermalung habe ich noch nicht zustande gebracht. Für mich sind Untermalungen eigentlich wirklich Skizzen, die mir einen ersten Einstieg in ein neues Bild geben. Ich taste mich dann an das Thema ran. Natürlich lege ich Licht- und Schattenbereiche fest. Aber manchmal muss ich die später auch noch korrigieren. Bei den Argonath aus dem Herr der Ringe sind bspw. die Hände in der Untermalung zu groß geworden; musste ich in der ersten Schicht korrigieren. Was ist dann aber der Sinn der Untermalung, wenn sie der Malerin ja doch nicht die Kompositions- und Tonwertarbeit abnimmt?

Das konnte ich in den letzten beiden Tagen endlich mal herausfinden. Ich hatte am ersten der beiden Abende, an denen ich gemalt habe, nur ca. 2 Stunden Zeit zum Malen. In der Zeit mischte ich die Farben für die Statuen: einen dunklen Ton für die Schatten und eine abgetönte Variante davon für alle hellen Bereiche, die dann beim Malen noch durch zusätzliches Weiß heller wurden. Die linke Figur habe ich am ersten Abend geschafft und die rechte konnte ich in großen Farbblöcken auch schon bearbeiten. (Bei Öl gibt es ein 48-h-Zeitfenster, in dem die Farbe weiterverarbeitet werden kann.) Am zweiten Abend konnte ich dann in ebenfalls ca. 2 Stunden die rechte Figur weiter ausarbeiten. Und ich sage wirklich ‚ausarbeiten‘, weil sie ja schon angelegt war. Das war wirklich ein Bonus! Die Untermalung erlaubt es mir, das Bild nach und nach zu bearbeiten statt in einem Ritt. Für mich macht das wirklich Sinn, denn ich kann nicht oft 4 oder 5 Stunden am Stück malen. Und das wichtigste ist ja, sich den Malprozess so zu gestalten, dass es der Malerin gut dabei geht.

Ich denke also, ich werde die Untermalung als Technik oder Methode beibehalten, nur benutze ich sie halt momentan etwas anders, als es die Erfinder sich gedacht hatten. Möglicherweise rücke ich aber von der farbigen Grundierung ab – oder vielleicht entdecke ich da auch wieder andere Vorteile und kann sie dann dafür einsetzen!