Warum rupfen manche Leute seltene Pflanzen, die ökologische Vorteile für einen Garten und eine bekannte heilende Wirkung mit sich bringen, aus und werfen sie auf den Komposthaufen? Aus zwei Gründen: weil die Pflanze am falschen Ort gewachsen ist (und dann kann sie die Königin von Saba sein, sie muss weg) und weil sie den Leuten egal ist.


Und das kann man ganz schnell ändern! Schönheit gibt es auch im Unkrautbeet, wenn man nur einmal hinschaut.


Alles, was Du genauer anschaust und mit der Aufmerksamkeit bedenkst, die Du zum Zeichnen und Malen brauchst, wird währenddessen ein Teil von Dir.  


Die erste Pflanze, die ich bewusst ganz gesondert angeschaut und gemalt habe, ist Giersch. Ich habe damals Videomaterial für einen Malkurs gesammelt und deswegen viel auf den Boden geschaut. Die Regelmäßigkeit der Blattformen des Giersch, das satte Grün und die tiefen Schatten zwischen den Blättern waren eine echte Entdeckung für mich. Sie schienen mir auf einmal wie eine wunderschöne kleine grüne Welt für sich. Alles war in dieser Welt genau so, wie es sein wollte. Alles war sehr friedlich.


Beim Giersch war alles gut. Und je länger ich den Giersch anschaute und zeichnete, damals, desto mehr hat sich diese ruhige friedliche Stimmung auf mich übertragen. So gut!


Gestern habe ich wieder Giersch gezeichnet. Eigentlich habe ich von fern aufgepasst, dass meinem Sohn beim Spielen auf dem Sandhaufen nichts passiert. Das mache ich jetzt immer sehr gern, weil in den umliegenden Gärten allerhand wächst, was ich während des Aufpassens zeichnen kann – unter anderem Giersch. Die zarten Blüten sind nun in meinem Nature Journal, und das ist ein wenig so, als würde ein alter Freund vorbeikommen und hallo sagen. Es ist einfach eine Freude, den Giersch zu sehen.

Diese Veränderung in der Einstufung von Giersch als Gartenpest zu Giersch als Freund stellt sich beim Nature Journaling schnell ein. Alles, was Du genauer anschaust und mit der Aufmerksamkeit bedenkst, die Du zum Zeichnen und Malen brauchst, wird währenddessen ein Teil von Dir. Durch das Zeichnen und Malen allein passiert das automatisch. Und was als schnelle Skizze angefangen hat, kann dann zu einer richtigen Entdeckung werden. Denn gerade die Blüten von Wildpflanzen sind oft unglaublich hübsch. Die weißen Dolden des Giersch sind filigrane Kunstwerke.


Eine wichtige Komponente beim Nature Journaling ist es, an das Motiv (also an den Giersch) Fragen zu stellen. Alle möglichen Fragen gehen. Ich interessiere mich zum Beispiel für Die Essbarkeit und Heilverwendungen von Pflanzen und schlage das auf jeden Fall immer nach. Das lohnt sich beim Giersch. Er ist ein vitamin- und mineralreiches Wildgemüse und macht sich sehr gut als Spinatersatz. In einer Quiche ist er wunderbar. Im grünen Smoothie ist er auch eine leckere Ergänzung. Und mit Giersch wird die Ernährung insgesamt basischer. 

Welcher Aspekt würde Dich an Deinen Unkrautpflanzen interessieren?