Angeregt durch einen Kommentar zur vorletzten Podcastfolge gehe ich heute der Frage nach, was passiert, wenn wir unsere Bilder Anderen zeigen. Mit welcher Erwartungshaltung machen wir das? Gibt es einen richtigen und einen falschen Zeitpunkt, an dem man seine Bilder teilen sollte (oder eben nicht)? Beim Nachdenken über diese Dinge wurde mir dann klar, dass ich zwar weiß, dass ich Bilder produziere, die ich nicht zeige, aber ich nicht so genau sagen kann, warum ich sie nicht zeige. Darüber habe ich dann ad hoc noch ein wenig gegrübelt… Und wie hältst Du es mit dem Bilderzeigen? Das würde mich wirklich interessieren. Kommentieren kannst Du hier unter der Folge, auf Facebook und auf Instagram unter @antjegillandslichtgeschichten.
Ach so, das Cover-Bild für diese Folge ist mit Bedacht gewählt. Es ist eins aus meiner „Rooted/ At home“-Serie, das ich nicht so gelungen finde. Es ist so fest und steif. Der Malprozess war etwas zu diszipliniert und bemüht; ich hatte nicht so richtig Spaß dabei, sondern habe versucht, alles richtig zu machen. Ein paar Eckchen darin gefallen mit aber und inspirieren mich für weitere Arbeiten. Die mögen dann wiederum wunderbar werden (hoffe ich!), und deswegen ist dieses kleine misslungene Teil auch wichtig. Trotzdem hatte ich eigentlich nicht vor, es jemals zu zeigen. Weil ich nur die „tollen“ Bilder zeigen will? Oder weil dieses Bild nicht intensiv genug die Themen bespricht und bearbeitet, die mir wichtig sind? Hm, das weiß ich noch nicht genau. Das werde ich auf dem Weg herausfinden (yay!).
Show notes
Kate Davies (2019) Wheesht. Creative making in uncertain times. Edinburgh: Makadu Press. (Link zur Buch-Webseite)
Ein vielschichtes Thema. Ich glaube die Veränderung des Stils ist für Künstler (egal ob Maler, Bildhauer, Musiker,…) immer mit einem gefühlten oder auch tatsächlich echten Risiko verbunden. Denn letztlich wird jemand zum „Fan“, weil er eben einen bestimmten Stil sehr mag. Und viele Fans wollen dann nicht plötzlich etwas Neues, sondern lieber immer wieder etwas Vergleichbares. Und der Künstler, zumindest wenn er vom Verkauf leben will oder muss, ist geneigt, sich diesem Druck zu beugen. Und sich letztlich zu wiederholen. Insofern kann ich die Angst verstehen, das Neue zu zeigen. Vor allem, wenn bereits ein gewisser Erfolg mit dem Alten vorhanden war. Andererseits kann ein Werk nur ein echter Ausruck des Selbst bleiben, wenn es sich mit dem Selbst verändern darf. Also kommt man auf lange Sicht vermutlich gar nicht drumrum, das Neue auch in die kommerziellen Werke zu integrieren und zu zeigen, wenn man „authentisch“ sein will.
Bezüglich Deiner „Stimmungsbilder“ ist es aber vielleicht ja auch so, dass sie einfach zu persönlich sind, um öffentlich gezeigt zu werden? Vielleicht ja, weil die Kriterien beim Malen gar keine „Künstlerischen“ im Sinne von Komposition, Farblehre oder was auch immer waren, sondern eben zutiefst Persönliche, im Sinne einer Art „Eigentherapie“. Und wo sollte dann der Sinn liegen, sie (und sich selbst) einer Kunst-orientierten Kritik auszusetzen?
Was Kritik generell angeht, finde ich es am wichtigsten, WIE die Kritik formuliert ist. Kann ich damit irgendwas anfangen? Ist das spezifisch genug, dass ich mir darüber Gedanken machen oder etwas dabei lernen kann? Oder sie so stehen lassen und mich bewusst dagegen entscheiden kann? Da ich mit meiner Musik auf der Bühne stehe, mache ich mich dabei ja immer verletzlich und es ist erschreckend, was einem manche Menschen einfach mal so an den Kopf werfen und das kann mir u.U. schon eine zeitlang nachgehen, aber letztlich habe ich gelernt, damit umzugehen. Weil mein Selbstbild nicht von diesen einzelnen Meinungen abhängt. Und weil es tatsächlich einfach so ist, dass das, was ich mache, nicht jedem gefallen kann. Aber diese Haltung ist gewachsen durch viele, viele Auftritte; das war nicht von Anfang an so. Ein tolles Buch zu diesem Thema ist übrigens „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron. Unbedingt empfehlenswert!
Konkret bezogen aufs „Bilder zeigen“ genieße ich im Moment noch das „Schutzmäntelchen“ meines Anfänger-Daseins, das mir die gefühlte Narrenfreiheit gibt, alles auszuprobieren und mit Fehlschlägen dabei auch nicht hinter dem Berg halten zu müssen.
Liebe Grüße, Farbienne.
Liebe Farbienne, vielen Dank für Deinen Kommentar! Du hast völlig Recht, was Stimmungsbilder als Ausdruck der subjektiven Gefühlslage angeht. Die müssen weder den Gestaltungsregeln westlicher Kunst folgen, noch müssen sie lesbar sein für Andere. Denn tatsächlich sind sie ein Mittel, auch für mich, meinem eigenen Befinden auf die Spur zu kommen. Solche Bilder male ich wohl auch mal, aber eigentlich eher selten. Mein Anspruch ist generell schon, ein Bilddesign hinzubekommen, dass funktioniert. Meistens kann ich akademisch erklären, warum ein Design funktioniert; bei den neueren Arbeiten ist das allerdings etwas schwieriger.
Was Du vom Musikerinnenleben auf der Bühne schreibst, ist natürlich ein Vielfaches von Exponiertsein von dem, was ich bisher erleben durfte. Hut ab – da musstest Du sicher schon eine Menge lernen über den Umgang mit Kritik! Gut, das durfte ich als Wissenschaftlerin auch schon. Wohlwollen ist nicht die oberste Direktive von Gutachtern und Rezensenten. In der Kunstwelt außerhalb des internationalen hochpreisigen Kunstmarktes finde ich den Ton allerdings soweit sehr angenehm. Der Wille, andere KünslterInnen mit hilfreichen Rückmeldungen zu unterstützen, ist definitiv da, Schutzmäntelchen hin oder her.
Das Entscheidende ist wohl aber, und ich glaube, in die Richtung argumentiert Cameron auch, wenn ich mich recht erinnere, dass man sich klar wird, für wen man malt: für sich selbst oder für die Anerkennung der Anderen. Wenn ich bei mir bleibe und mich von der Anerkennung loslöse, dann ist mir auch klar, dass meine Bilder nicht jedem gefallen werden. Und dann ist das auch ok, solange ich mit meinen Bildern glücklich bin. Wenn sich dann noch jemand wohlwollend und lobend äußert, dann ist das ja wirklich das i-Tüpfelchen und einfach nur schön. Aber vorher sollte es auch schon schön sein 🙂
Ich finde es generell gut, wenn KünstlerInnen nicht mit ihren Fehlschlägen hinter dem Berg halten!
Ganz liebe Grüße und alles Gute für diese Zeit,
Antje.