Seit dem Sommer grübele ich, ob es wichtig ist, ein Tier oder eine Pflanze genau benennen zu können. Was hilft es, den Namen zu kennen? Am Wochenende ist mir ein wenig mehr klar geworden, was ich daran so schön finde.

Ich war auf einer derzeit unbenutzten Viehweide unterwegs. Der Bewuchs – keine Ahnung, was das im Einzelnen war – war ungefähr einen halben Meter hoch. Eine sehr stachlige Pflanze fiel mir auf, die habe ich mit der App PlantNet analysieren lassen. Es war der Gemeine Stechapfel. Der ist auch wirklich gemein, weil ziemlich giftig für Mensch und Tier. Ich glaube nicht, dass es dem Bauern gefällt, dass der seine Weide bevölkert…

Dann fing ich an zu zeichnen. Erst Pilze; mit dem Fokus auf Pilzen bin ich losgezogen und ich fand auch mehrere hübsche weiße Schirmpilze. Mit dem Rucksack dann wieder auf dem Rücken und dem Skizzenbuch im Anschlag für den Fall, dass ich gleich wieder etwas Nettes entdecke, kam ich dann zu einem hübschen Pflänzchen mit violetter Blüte. Ich haderte kurz mit mir, ob ich es zeichnen soll, weil es ein wenig kompliziert war vom Aufbau her und deswegen mehr Konzentration erfordern würde. In der aktuellen Podcastfolge erzähle ich mehr davon. Aber dann dachte ich: Ach, das wird meiner Seele guttun, mal ganz in Ruhe den einzelnen Konturen zu folgen und bedächtig das Pflänzchen aufs Papier zu bringen. Gesagt, getan – und nicht identifiziert! Ich wollte lieber zeichnen als wissen in dem Moment. Ich habe nur notiert: ‚Ist das ein Klee? Oder eine Lupine?‘

Klee kenne ich vom Zeichnen her recht gut, weil ich den schon mehrmals in meinem Garten gezeichnet habe. Lupinen kenne ich nicht so gut, aber ich meinte mich zu erinnern, dass sie in solchen Kontexten (Weide, Brache, Herbst) wohl mal vorkommen. Genau genommen sehen Lupinen ganz anders aus, aber ich war entspannt und habe einfach geschrieben, was mir einfiel.

Meine Freude war super groß, als ich zu Hause das Pflänzchen nachgeschlagen habe. Es ist die Echte Luzerne und sie stammt aus der Gattung der Schneckenklees. Es ist also ein Klee!

Ich hatte recht, was schon einmal ganz nett ist. Es freut mich besonders, dass diese Pflanze ein Klee ist, weil ich Klee liebe. Klee habe ich letzten Sommer exzessiv gemalt. Klee kenne ich. Wir mögen uns. Wir haben schon viel Zeit zusammen verbracht. Herrje, ich hatte eine Klee-Phase! Ich erkenne das klee-artige in den Blättern, ich erkenne die Blüte, ich fühle all die klee-bezogenen Gefühle. Deswegen entwickelt sich eine Wärme in mir zu dieser neuen Pflanze hin. Sie ist ok, sie muss quasi ok sein, denn sie ist ein Klee. (Auch wenn Monsanto eine genmanipulierte Luzerne entwickelt hat, die Zombie-Eigenschaften hat – da kann sie nichts für).

Einzelheiten zu den Bildern gibt es im Shop!

Den Namen zu wissen und die Pflanze zuordnen zu können, das ist mir gerade eben klar geworden, spielt auf der emotionalen Ebene eine Rolle. Da macht es einen Unterschied für mich.

Der Name offenbart noch dazu manchmal Dinge, die helfen, einen Referenzrahmen bilden und sich die Dinge zu eigen zu machen. Als ich letzten Sommer so viel Klee gemalt habe, fand ich immer bedeutsam zu wissen, dass ich es da mit Trifolium pratense zu tun hatte, dem kriechenden Dreiblatt.  Das hat mich an meine Lateinlehrerin und an einen wunderbaren Geographiedozenten erinnert und mir ein wenig das Gefühl gegeben, Geheimwissen (also Latein jetzt) zu besitzen. Weiß auch nicht genau, aber irgendwie finde ich es gut!

Dass die Luzerne ein Schneckenklee ist, heißt, dass ich mit meinem neuen Wissen etwas anfangen kann. Denn ich besitze schon ein wenig Wissen über Klee und erweitere so meinen Referenzrahmen. Und das ist doch prima!

Ich merke quasi direkt, wie ich wachse, mehr verstehe und kompetenter werde. Und das ist ein wunderbares Gefühl! Noch dazu, wenn es komplett selbst herbeigeführt ist. Denn da war ja zum Glück niemand, der die Augenbraue hochgezogen hat, als ich mit meiner Lupine um die Ecke kam… oder der irgendwelches Wissen von mir erwartet hat. Mich eingeschlossen! Umso schöner, es dann einfach so zu entdecken und mir anzueignen.

Das war der zusätzliche Gewinn zu all dem schönen Draußensein an dem Morgen. Deswegen macht es einen Unterschied für mich, ob ich den Pflanzennamen kenne oder nicht.

Wie ist das bei Dir? Möchtest Du auch immer wissen, womit Du es zu tun hast?